So spannend die Erkenntnisse der MUI auch scheinen, sie zeigen nicht die ganze Wahrheit. Die Interpretation der Ergebnisse ignoriert die grösste Schwäche der MUI - sie befragt nur Online User:
So spannend die Erkenntnisse der Studie Media Use Index 2017 auch scheinen, sie zeigen nicht die ganze Wahrheit. Die Frage, wie die Schweizer Bevölkerung Medien nutzt, ist nicht nur für Mediaplaner spannend. Wer diese Daten dazu einsetzen will, seine Unternehmenskommunikation auszusteuern, sein Werbebudget zu verteilen oder sich kompetente Partner in der Beratung zu suchen, tut gut darin, genauer hinzuschauen.
Bei der Interpretation wird ein grundlegender Fakt gerne ignoriert. Die MUI beruht ausschliesslich auf Online-Interviews. Die Studie mag «repräsentativ» sein, wie es der Auftraggeber Y&R Group schreibt, dies trifft jedoch nur auf die Struktur der Befragten zu (Alter, Geschlecht, Wohnort, etc.). Das ist aber kein Garant dafür, dass die Ergebnisse die Wirklichkeit nicht verzerrt darstellen.
Wer oft Online ist, nutzt Medien anders
Es liegt nahe, dass jemand der aktiv und oft online ist (und darum auch online befragt werden kann) andere Mediennutzungsgewohnheiten hat, als jemand, der viel weniger, selten oder nie online ist. Für Aussagen zur Nutzung unterschiedlicher Online-Services wie Facebook, Google oder Whatsapp ist die MUI-Studie deutlich aussagekräftiger, als bei der Frage, wie der tägliche gesamte Medienkonsum der Schweizerinnen und Schweizer aussieht.
Hier einige Schlussfolderungen, die mit Vorsicht zu geniessen sind:
Was es wirklich bedeutet: Die Beliebtheit von abonnierten Tageszeitungen sinkt bei Online-Usern weiter. Gratiszeitungen (etwa «20 Minuten», «Blick am Abend») erfreuen sich aber auch bei den Online-Usern weiterhin sehr grosser Beliebtheit. Auch TV ist alles andere als «tot».
Mediaplaner sollten sich auch hier nicht irritieren lassen. Es ist ganz natürlich, dass in der Top 5 der genutzten Online- bzw. Medienmarken die Grossen der Onlinebranche den Offline-Medien den Rang ablaufen. Whatsapp ist das moderne SMS, aber kein Medium.
Hier wird Technologie mit Medienkonsum verwechselt. TV bleibt TV, ob live, zeitversetzt oder via Streaming. Ein Quervergleich mit anderen Studien zeigt: die tägliche TV-Nutzung steigt, bei den 15 bis 29-Jährigen sogar noch stärker als bei den 15 bis 74-Jährigen.
Wie bei anderen Studien gilt: immer auf die Art der Befragung achten und auch darauf, wer die Studie in Auftrag gegeben hat. Meist beeinflussen Eigeninteressen die Fragestellung und damit die Ergebnisse.
Dieser Artikel wurde im Persönlich Blog publliziert: http://www.persoenlich.com/blog/verzerrte-sicht-auf-den-medienkonsum
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